Neuseeland

Herr der Sandfliegen – Fjordland

Milford Sound versackt im Nebel

Er ist klein und lautlos, unscheinbar aber gehässig. Gemeinerweise sieht er einer Fruchtfliege zum Verwechseln ähnlich aus. Man nimmt ihn mit seiner lahmen Fluglinie gar nicht wahr, bis er sich am Schienbein verbeisst. Oder Rücken. Oder Oberarm. Und dann juckt es, da können alle europäischen Schnacken einpacken. Und hier ist er – der Herr der Sandfliegen, nennen wir ih doch Major Tom. Und mit ihm seine furchtlosen Truppen. Diesmal bei ihrem kühnen Einsatz im Fjordland.

Episode 1: Mirror Lake

„Mist, sie haben uns bemerkt! Wie oft habe ich euch gesagt: nicht so gierig! Langsam an das Opfer schleichen. Jetzt habt ihr sie verschreckt und sie rennen in ihr Gefährt zurück! Mir nach, aber dalli!“ schreit Major Tom seiner Kompanie zu. Schon wird die neue Formation eingenommen und das Fahrzeug umstellt. „Männer, jetzt im Windschatten hinterher! Spätestens auf dem Campingplatz haben wir sie.“ Ja, sie hatten sie tatsächlich. 1:0. Doch sie ahnten nicht, dass die Opfer bewaffnet waren.

Episode 2: Greenstone / Caples Track

Ein grünes Tal, ein Fluss, paar Berge. Und ganz viel Regenwald. Drumrum einige Rinder und Schafe. In der Luft tobt Krieg. Um Major Tom und seine Jungs kristallisieren sich feinste Wassertröpfchen. Es riecht nach billigen Parfüm. „Haha, wieder so paar ganz Schlaue mit dem Moskitospray von dm. Da lachen wir doch drüber, nicht wahr? Jungs, Schutzbrillen an und Angriff“. 2:0 für die Fliegen.

Doch was ist das denn? Die Opfer haben einen Verbündeten gefunden: Ein kleiner Langbeinschnäpper hüpft vor ihren Füssen und fordert viele Opfer (dafür klaut er sich eine Avocadoschale). 2:1.

Episode 3: Später in der Nacht

Die Kompanie schaukelt im lauen Windchen auf Grashalmen, der eine oder andere gähnt vor sich hin. Wird das Abendessen etwa ausfallen? „Nachtsichtgeräte an!“ brüllt Major Tom, „Wache aufstellen, die beiden Dummen haben doch noch Tee getrunken! Seht ihr, da geht schon das Zelt auf, also während der eine mal austritt, schnell rein mit euch und keine Rücksicht auf Kolateralschäden!“ 3:1.

Epsiode 4: Nächster morgen.

Vollgefressen und träge hängt die Kompanie im Zelt ab. Das enge Zeitfenster zum Abflug – also wenn morgens das Zelt aufgemacht wird – hat sie wohl verpennt. „Männer, wir sammeln uns auf dem Gitter, dann schnell weg hier, sobald sich die Gelegenheit bietet.“ befieht Major Tom. Doch da haben sie das falsche Zeltende gewählt.

Während die Fliegen am Gitter kleben, schleicht sich lautlos eine Gestalt ins Zelt, mit zwei blitzschnellen Handgriffen zieht sie die Reisverschlüsse der Fensterlucke zu. „Eine Falle, es ist eine Falle!!!“  brüllen die Fliegenmänner in ihren Todesqualen. Doch Wiederstand ist zwecklos. Ein Fingernagrl richtet ein wahres Massaker an. 3:2.

„Rückzug, wir konzentrieren uns auf Guerilla-Taktik, vielleicht kann die Kompanie eingeschlossen im Kofferraum mehr ausrichten“ japst mit letzter Kraft Major Tom. Doch bevor die Kompaniereste abheben können, sehen sie sie: die beige-rote Sprühdose, der Sprühnebel. Ein Giftgasangriff der schweren Sorte: die Wanderer haben endlich ihren Bushman wiedergefunden. Made in Australia. Macht alle Fliegen tot. Auch auf internationaler Ebene. Und schmilzt Plastik und Kunsfasern weg, wenn man nicht aufpasst. 3:3.

Epilog: Milford Sound

Nun stehen sie am Parkplatz am Milford Sound, die zwei zetstochenen Wanderer. Es nieselt etwas, aber es passt hier gut rein. Jetzt mal kurz die Nase aus dem Auto schieben, die feuchte Luft schnuppern. „Hallöchen, meine Lieben! – Männer, Angriff!!!“ hallt es an den steilen Wänden des Milford Sounds entlang, während schwere Wolken sich um die steilen Fjorde des Milford Sound schmiegen. Willkommen in der Hauptstadt der Sandfliegen, und die zweite Kompanie taucht in den Sturzflug. Es hört einfach nicht auf.

4 Kommentare zu “Herr der Sandfliegen – Fjordland

Kommentare sind geschlossen.